Depressionen: Ein kurzer Überblick
Ca. 16 bis 20 Prozent aller Personen erkranken einmal im Leben an einer Depression oder Dysthymie. Das heißt, die meisten von uns sind in ihrem Leben entweder selbst von Depressionen betroffen oder haben mindestens eine:n nahen Angehörige:n, der:die betroffen ist. Das Thema Depressionen betrifft uns also alle. Aber was sind Depressionen genau und wie gehe ich mit ihnen um?
Erst einmal ein paar Zahlen...
Was sind Depressionen
Klassische Symptome einer Depression sind:
- gedrückte Stimmung
- Verlust der Genussfähigkeit und des Empfindens von Freude
- häufiges Grübeln
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Gefühle der Wertlosigkeit oder übermäßige oder unangemessene Schuldgefühle
- Gefühl von Hoffnungslosigkeit
- ein verminderter Antrieb
- wiederkehrende Gedanken an Tod oder Suizid
- Veränderungen des Appetits oder des Schlafs
- psychomotorische Unruhe
- verminderte Energie
Depressive Störungen werden dabei nach Schweregrad, Dauer und begleitenden Symptomen noch einmal unterteilt in ihrer Diagnostik.
Welche Depressiven Störungen gibt es?
Depressive Episode
Eine depressive Störung mit nur einer Episode ist durch die fehlende Vorgeschichte früherer depressiver Episode gekennzeichnet. Zudem gab es vorher nie manische, hypomanische oder gemischte Episoden, die auf eine bipolare Störung hindeuten würden. Eine depressive Episode wird dabei durch eine Phase gedrückter Stimmung oder verminderten Interesses an Aktivitäten charakterisiert, die fast jeden Tag über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen auftritt. Dabei wird diese Phase begleitet von Symptomen wie Konzentrationsschwierigkeiten, Hoffnungslosigkeit, Gefühlen der Wertlosigkeit oder Schuldgefühlen, wiederkehrenden Gedanken an Tod oder Suizid, Veränderungen des Appetits oder des Schlafs, psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung und verminderte Energie oder Müdigkeit.
Rezidivierende Depression
Eine rezidivierende depressive Störung ist gekennzeichnet durch mindestens zwei depressive Episoden, zwischen denen mehrere Monate oder Jahre liegen in denen die allgemeine Stimmung ungetrübt war. Dabei darf auch hier nie zuvor manische, hypomanische oder gemischte Episoden aufgetreten sein. Dabei sind die Symptome der depressiven Episoden parallel zur depressive Störung mit nur einer Episode. Sowohl die depressive Störung mit nur einer Episode als auch die rezidivierende depressive Störung werden dabei in der Diagnostik noch nach Schweregrad und ab einer mittelgradigen Depression ob mit oder ohne psychotischen Symptomen kategorisiert. Zudem besteht die Möglichkeit weitere Spezifikationen wie z.B. mit Panikattacken, zu nutzen.
Dysthymie
Die dysthyme Störung ist durch eine anhaltende depressive Stimmung gekennzeichnet (2 Jahre oder länger). Dabei ist die depressive Stimmung an mehr als 50% der Tage da und zwar den größten Teil des Tages. Die depressive Stimmung wird von zusätzlichen Symptomen begleitet, wie deutlich vermindertes Interesse oder Vergnügen an Aktivitäten, verminderte Konzentration oder Unentschlossenheit, geringes Selbstwertgefühl oder Schuldgefühle, vermehrter Schlaf oder Schlafstörungen, Hoffnungslosigkeit auf die Zukunft bezogen, veränderter Appetit und geringe Energie oder Müdigkeit. Während der ersten zwei Jahre der Erkrankung gab es nie einen zweiwöchigen Zeitraum, in dem die diagnostischen Kriterien für eine depressive Episode erfüllt wurden. Es darf auch hier keine Vorgeschichte von manischen, gemischten oder hypomanischen Episoden geben.
Depressive Episode, rezidivierende Depression, Dysthymie sind die klassischen Formen in der sich depressive Störungen zeigen. Im ICD-11 finden sich aber auch noch andere Formen z.B. eine Mischform aus depressiver Störung und Angststörung, sowie andere näher bezeichnete oder nicht näher bezeichnete depressive Störungen.
Wie entstehen Depressionen?
Zur Entstehung von Depressionen gibt es viele unterschiedliche Modelle. Dabei lassen die Ansätze sich grob in biologische, lerntheoretische, kognitive, soziologische, motivationale und integrative Modelle einteilen. Im folgenden wollen wir uns ein paar biologische, lerntheoretische und kognitive Modelle anschauen.
Zu den biologischen Modellen, gehören auch genetische Entstehungsmodelle, dabei gehen diese von einer angeborenen erhöhten Anfälligkeiten für Depressionen aus. Das unsere Gene uns anfälliger für eine depressive Störung machen, ist dabei wissenschaftlich belegt. Jedoch sind sie kein alleiniger Faktor dafür ob wir eine depressive Störung entwickeln oder nicht. Ein weiteres biologisches Modell ist das der Dysregulation der Hypothalamus-Hypophysen- Nebennierenrinden- Achse. Diese HHN-Achse spielt eine wichtige Rolle in unserer körperlichen Reaktion auf Stress und unserer Cortisol Level (Stresshormon). Ca. ⅔ aller depressiven Personen, haben erhöhte Kortisolwerte. So wird eine erhöhte Aktivität der HHN- Achse als ein möglicher Faktor für die Entwicklung und/oder Aufrechterhaltung von Depressionen gesehen. Ein weiteres biologisches Modell, die Neuroplastizitätshypothese, geht davon aus, dass Depressionen durch eine fehlende Anpassungsleistung des Gehirn entstehen. Dabei geht es vor allem um die Schwächung/Stärkung und Auf- und Abbau von synaptischen Verbindungen.
Die Lerntheoretischen Modelle umfassen das Verstärker-Verlust-Modell von Lewinsohn und die Theorie der gelernten Hilflosigkeit nach Seligman. Das Verstärker-Verlust-Modell sieht zu wenig positive Erlebnisse als Grundlage für Depressionen und durch den Rückzug sinkt die Raten an positiven Erlebnissen weiter. Dies sowie kurzfristige vermehrte Aufmerksamkeit und Empathie durch das soziale Umfeld bei Klagen und Hilfegesuchen werden im Modell als aufrechterhaltende Faktoren gesehen. Die Theorie der gelernten Hilflosigkeit, sieht Depressionen als Folge von gelernte Hilflosigkeit, die entsteht wenn Personen keine Verbindung zwischen ihrem Verhalten und wichtigen Ereignissen in ihrem Leben sehen können. Sie haben die Überzeugung entwickelt ihre negative Lage nicht ändern zu können, sie fühlen sich Macht- und Hilflos.
Die attributionalen Hilf- und Hoffnungslosigkeitstheorien, sowie das kognitive Modell der Depressionsentstehung nach Beck sind kognitive Modelle. Die attributionalen Hilf- und Hoffnungslosigkeitstheorien wurden von Abramson, Seligmann und Teasdale 1978 postuliert. Dabei überabeiteten sie das Modell der gelernten Hilflosigkeit im Sinne der kognitiven Wende in der Psychologie. Sie schlugen vor, dass Depressionen dadurch entstehen, dass man den Grund für negative Erfahrungen und Misserfolg auf innere, globale und stabile Ursachen zurückführt (z.B. die eigene Dummheit statt Pech oder das man einfach einen schlechten Tag hat). Obwohl dieser Attributionsstil immer wieder bei depressiven Menschen auffindbar ist, gibt es wenig klare Belege dafür, dass dies die Ursache von Depressionen ist.
Ein weiteres kognitives Modell ist das nach Modell nach Beck, das die Ursache für Depressionen in unzweckmäßigen kognitiven Schemata sieht, die zu negativen Gedanken und dadurch zur eine negativ verzerrten Wahrnehmung und Deutung der Realität führen. Man hat eine negative Sicht auf Sich, seine Umwelt und die Zukunft (negative Triade). Ursächlich für die dysfunktionalem Schemata sind laut der Theorie negative Kindheitserfahrungen. Trotz der Popularität des Modells, gibt es wenig empirische Belege dafür, dass dieses Erklärungsmodell zutreffend oder besser als die anderen Theorien ist.
Langfristig ist es sinnvoll, sich bei Depressionen professionelle Hilfe durch Psychotherapeut:innen und Psychiater:innen zu holen. Dabei kann man in Hessen zu Psychotherapeute:innen Suche z.B. die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen nutzen ( Tel.: 116 117, Mo. – Fr.: 8:00 – 16:00 Uhr oder über www.eterminservice.de). Oft dauert es aber bis man eine:n Psychotherapeut:in und/oder eine:n Psychiater:in findet, daher möchten wir im folgenden ein paar andere Anlaufstellen, die zur Überbrückung oder als zusätzliche Hilfe dienen können vorstellen:
Das bundesweite Info-Telefon Depression bietet Betroffenen und Angehörigen Krankheits- und behandlungsbezogene Informationen, sowie Hinweise zu Anlaufstellen ( Tel.: 0800 / 33 44 533., Mo, Di, Do: 13:00 – 17:00 Uhr und Mi, Fr: 08:30 – 12:30 Uhr).
Mit der Telefonseelsorge kann man anonym über Probleme, Suizidgedanken, Emotionen und viele andere Themen sprechen ( Tel.: 0800 / 111 0 111 , 0800 / 111 0 222 oder 116 123 Per Mail und Chat unter online.telefonseelsorge.de, Sprechzeiten: 24/7).
Über NAKOS (Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen) kann man Selbsthilfegruppen, sowie Infos zu dem Thema finden (www.nakos.de).
In akuten Krisen kann man sich aber auch natürlich an die eigene:n Hausärzt:in, die nächste psychiatrische Klinik oder den Notruf unter der Telefonnummer 112 wenden. Wo ihr Kliniken bei euch in der Nähe findet, könnt ihr über https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/wo-finde-ich-hilfe/klinikadressen nachschauen.
Außerhalb der oben genannten Anlaufstellen, können Sie sich in Frankfurt bei Suizidgedanken auch an das Frankfurter Netzwerk für Suizidprävention (FRANS) (www.frans-hilft.de) und für psychosoziale Unterstützung an den Sozialpsychiatrischen Dienst über 069 – 212 33311 wenden.
Quellen
Berking, M. & Rief, W. (2012). Klinische Psychologie und Psychotherapie für Bachelor: Band I: Grundlagen und Störungswissen. Lesen, Hören, Lernen im Web. Springer.
Depressionen | AOK. (o. D.). AOK. Abgerufen am 14. Mai 2024, von https://www.aok.de/pk/depressionen/
gesund.bund.de. (2021, 16. April). Depression: Symptome, Ursachen, Therapie. Abgerufen am 14. Mai 2024, von https://gesund.bund.de/depression
Depression – Wo finde ich Hilfe? – Stiftung Deutsche Depressionshilfe. (o. D.). Abgerufen am 11. Juli 2024, von https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/wo-finde-ich-hilfe
ICD-11 for Mortality and Morbidity Statistics. (o. D.). https://icd.who.int/browse/2024-01/mms/en
World Health Organization: WHO & World Health Organization: WHO. (2023, 31. März). Depressive disorder (depression). WHO. Abgerufen am 14. Mai 2024, von https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/depression