FIP-INSTITUT

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Von Jacqueline Sturm

Im Rahmen meiner langjährigen Tätigkeit als Sozialarbeiterin in der Eingliederungshilfe und als tiergestützte Pädagogin konnte ich immer wieder beobachten, dass Tiere einen positiven Einfluss auf Menschen haben. Sie können dabei helfen zu entspannen, beispielsweise da durch das Streicheln eines Tieres Oxytocin ausgeschüttet wird. Das Beobachten eines Tieres kann dabei helfen die Achtsamkeit zu schulen und Gedankenkreise zu verringern. Außerdem kann ein Tier in vielen Situationen als Vorbild dienen, etwa bei der Wahrnehmung eigener Bedürfnisse. Handlungen, wie das Setzen von Grenzen, können erprobt und auf den eigenen Alltag übertragen werden. All diese Effekte nutze ich im Rahmen der tiergestützten Pädagogik. Ich habe zudem beobachtet, dass viele der Klient:innen, welche wir im Rahmen der Eingliederungshilfe betreuen, selbst Haustiere haben. Dass Haustiere einen positiven Effekt auf die eigene Gesundheit haben, ist inzwischen durch zahlreiche Studien belegt. Doch die Haltung eines Haustieres kann auch negative Aspekte mit sich bringen, insbesondere wenn wir krank sind oder krank werden.

Es kann durchaus Kraft kosten, ein Tier regelmäßig zu versorgen. Einerseits körperlich, da beispielsweise der Käfig des Wellensittichs gesäubert werden muss oder der Hund seine drei Spaziergänge täglich machen möchte. Es kann aber auch psychisch sehr anstrengend sein, beispielsweise wenn das Tier Verhaltensauffälligkeiten zeigt, was in der modernen Haustierhaltung sicher keine Seltenheit ist. Katzen, ich würde fast sagen die Freigeister der heutigen Tierwelt, werden in einer kleinen Wohnung gehalten, ohne Beschäftigung oder innerartliche Sozialkontakte. Wenn die Katze dann eigene Ideen entwickelt, wie beispielsweise die Vorhänge als Spielzeug zu nutzen um ihr Jagdverhalten zu trainieren, stößt dies meist auf wenig Begeisterung und wird als anstrengend empfunden. Bei Hunden ist häufig das Gegenteil zu beobachten, einige Hunde haben fast schon einen Stundenplan, jeden Tag steht etwas anderes auf dem Programm. Die Begründung lautet hier häufig, dass er ausgelastet werden müsse, weil er sonst nicht zur Ruhe komme, was als anstrengend empfunden wird. Dass Hunde 15-20 Stunden täglich schlafen müssen und durchaus Stress ein Grund für die Unruhe sein kann, wird dabei nicht gesehen. Dies zeigt, dass es notwendig ist, sich mit dem arttypischen Verhalten eines Tieres zu beschäftigen, was Zeit kostet und anstrengend ist, insbesondere, wenn es einem selbst nicht gut geht und das Tier doch schließlich angeschafft wurde um das eigene Wohlbefinden zu steigern.

Dies ist insbesondere wichtig, wenn das Tier mit zur Arbeit genommen wird, was in der heutigen Zeit immer häufiger der Fall ist und das sowohl Tier als auch Halter vor besondere Herausforderungen stellt. Da Hunde häufig nicht tun, was wir von ihnen wollen, weil wir zu viel fordern und auch die Mitnahme auf die Arbeit große Herausforderungen für das Tier mit sich bringen kann, sollte dies gut geplant werden, damit sich wiederum im Alltag keine Auffälligkeiten etablieren, welche dann wiederum den eigenen Stresspegel steigen lassen und somit zu eigenen Erkrankungen führen können. Denn Stress kann krank machen, sowohl Mensch als auch Tier.

Hinzu kommt, dass eine Erkrankung mit einem Krankenhausaufenthalt einhergehen kann. Auch dies kann Haustierhalter:innen vor eine Herausforderung stellen, denn wohin in dieser Zeit mit dem geliebten Vierbeiner? Im besten Fall gibt es Freunde oder Verwandte, die bereit sind das Tier zu versorgen oder es bei sich aufzunehmen. Doch was wenn dies nicht der Fall ist? Sicher könnte man nun sagen, dass dies vor Anschaffung eines Tieres geklärt sein sollte, die Realität ist aber nun mal nicht immer so wie sie sein sollte. Eine weitere Möglichkeit können Tierpensionen sein, hier ist zu hoffen, dass der Verdienst vor der Erkrankung gut genug war um die Kosten für diese tragen zu können, also auch keine Selbstverständlichkeit. Wenn also weder soziale Kontakte noch finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, wird es schon schwieriger. Statt Vorwürfe wegen zu geringer Vorsorge zu machen, möchte ich hier darauf hinweisen, dass sich Lebensumstände und somit auch soziale Kontakte und finanzielle Mittel verändern können. Insbesondere langfristige Erkrankungen können zu sozialem Rückzug führen, wodurch sich die Kontakte verringern und eine längere Arbeitsunfähigkeit kann die finanziellen Mittel verändern. Gerade in diesen Situationen kann das Tier, wie Umfragen im Rahmen einer qualitativen Studie mit Menschen, die an einer psychischen Erkrankung leiden, gezeigt haben, ein wichtiger Stabilisator sein und ist zudem oft einer der wichtigsten sozialen Kontakte.

Hund unter Tisch zwischen Menschenbeinen

Daher bin ich der Meinung, dass es wichtig ist, genau hier anzusetzen und Unterstützung zu bieten, damit das Haustier erhalten bleiben kann. Eine Möglichkeit ist beispielsweise die Initiative des Bundesverband Tierschutz e.V.: „Second Home for lonely Pets“. Hierbei handelt es sich um eine Tiervermittlungsstelle. Bei dieser können sich Personen registrieren, die Unterstützung bei ihrem Haustier brauchen, beispielsweise bei Krankenhausaufenthalten und Personen, welche sich um ein Haustier kümmern und/oder es für eine begrenzte Zeit aufnehmen können. Der Bundesverband Tierschutz e.V. prüft, ob es hier das passende Paar gibt und vermittelt die Kontakte. Wie ich finde eine tolle Sache – doch damit sie funktioniert ist es notwendig, dass sich viele Menschen registrieren, vor allem, wenn Tiere aufgenommen werden können. (Falls hier ein Aufruf erkannt wird, kann dieser gerne umgesetzt werden).

Außerdem gibt es inzwischen einige Kliniken, bei welchem das Tier mitgenommen werden kann. Hier ist beispielsweise die Klinik Heiligenfeld zu nennen, bei dieser wird das Tier sogar aktiv in die Therapie integriert (tierbegleitete Therapie). Auch hier gibt es leider einen Haken: aktuell gibt es dort sehr lange Wartezeiten. Dadurch zeigt sich der hohe Bedarf in diesem Bereich und es bleibt zu hoffen, dass weitere Kliniken folgen, damit das Haustier auch bei Erkrankung weiterhin einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben kann.