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Von Alena Fleischmann

Das Thema psychische Gesundheit ist in den letzten Jahren immer stärker in den Mittelpunkt gesellschaftlicher Debatten gerückt und hat im Kontext der Arbeit große Relevanz. So stellen psychische Erkrankungen inzwischen mit ca. 15% die drittgrößte Erkrankungsart bei Arbeitsunfähigkeitstagen in Deutschland dar und sind damit ein wichtiges Thema für die Präventionsarbeit. Es ist also ein Thema was jede:n Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:In interessieren sollte. Insbesondere auch die Zahl an Arbeitsunfähigkeitsfällen aufgrund von Burnout-Erkrankungen steigt stetig an. So gibt es laut einer AOK Studie ca. 216.000 Burnout-Betroffene für das Jahr 2022. Stress am Arbeitsplatz scheint also ein wichtiger Faktor für unsere psychische Gesundheit darzustellen.

Aber was ist hilfreich für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz? Wo können Arbeitgeber:innen ansetzten um ihre Angestellten zu schützen? Und was kann ich als Einzelperson tun um mich vor Burnout oder anderen psychischen Erkrankungen aufgrund von Arbeitsbelastungen zu schützen?

 

Was ist psychische Gesundheit?

Um über psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu reden, ist es wichtig sich erst einmal anzuschauen was psychische Gesundheit ist. Die WHO (2019) Definition für psychische Gesundheit lautet: „Psychische Gesundheit ist ein Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft beitragen kann. Psychische Störungen stellen Störungen der psychischen Gesundheit dar, die oft durch eine Kombination von belastenden Gedanken, Emotionen, Verhaltensweisen und Beziehungen zu anderen gekennzeichnet sind. Beispiele für psychische Störungen sind Depressionen, Angststörungen, Verhaltensstörungen, bipolare Störungen und Psychosen. Psychische Gesundheit und Wohlbefinden werden nicht nur durch individuelle Merkmale beeinflusst, sondern auch durch die sozialen Umstände, in denen sich Menschen befinden und die Umgebung, in der sie leben.“ Psychische Gesundheit ist damit Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben, soziale Teilhabe und Grundvoraussetzung für die Entfaltung der vollen Leistungsfähigkeit. Es ist also sehr wichtig, sowohl für das Individuum, als auch die Gesellschaft als Ganzes die psychische Gesundheit aller Menschen zu schützen. Um sie zu schützen sollten wir uns aber zuerst einmal betrachten, was sie gefährdet. Psychische Gesundheit wird dann gefährdet, wenn die Belastungen in unserem Leben höher sind als unsere Ressourcen. Dies sieht man sehr gut am Vulnerabilitäts-Stress-Modell nach Hammer und Plößl (2012). Solange die Stressoren in unserem Leben niedriger als unsere Belastungsgrenze sind, können wir damit umgehen, sobald sie diese aber übersteigen kommt es zu einer Krise. Unsere Belastungsgrenze kann dabei aber durch Schutzfaktoren erhöht werden.
 
Diagramm zur persönlichen Belastungsgrenze über die Zeit

Um unsere psychische Gesundheit zu schützen, kann jetzt an drei Punkten angesetzt werden:

  • Belastungen oder Stressoren reduzieren
  • Unsere persönliche Belastungsgrenze (Widerstandsfähigkeit) erhöhen
  • Schutzfaktoren erhöhen
 

Dabei ist es manchmal schwer die drei Punkte voneinander zu trennen, so können z.B. Schutzfaktoren dazu führen, dass wir selbstbewusster an ein Problem herangehen, weil wir uns mehr zutrauen, es lösen zu können und es dadurch lösen. Das erfolgreiche Überstehen von Problemen/Belastungen führt wiederum dazu, dass unsere persönliche Belastungsgrenze erhöht wird, weil unser Selbstwirksamkeitsgefühl steigt. Die drei Punkte sind also miteinander verknüpft und relevant für die Prävention psychischer Störungen.

Im Besten Fall setzt man an allen drei Punkten an um eine gute Präventionsarbeit zu leisten. Am einfachsten von außen zu beeinflussen, insbesondere im Arbeitskontext, sind jedoch die Punkte Stressoren und Schutzfaktoren. Aber was für Stressoren und Schutzfaktoren gibt es an Arbeitsplätzen? Und können Arbeitgeber auch helfen unsere persönlichen Belastungsgrenzen zu erhöhen?

In unserem Artikel zu Resilienz finden Sie mehr Informationen zum Thema psychischer Wiederstandfähigkeit und wie sie zustande kommt.

 

Was beeinflusst unsere psychische Gesundheit am Arbeitsplatz?

Symbolbild für Büroarbeit: Hände auf Laptoptastatur

Unser Arbeitsalltag steckt voller Möglichkeiten für Belastungen, aber auch Schutzfaktoren und manchmal ist der Umgang mit einem Thema durch den Arbeitgeber entscheidend ob etwas ein Schutzfaktor oder eine Belastung darstellt. So kann z.B. die Fehlerkultur an einer Arbeitsstelle als Schutzfaktor dienen, wenn Fehler als menschlich und normal und vielleicht sogar als Entwicklungsmöglichkeit angesehen werden und Arbeitnehmer so keine Angst vor Fehlern haben müssen und wissen, dass sie bei Fehlern Unterstützung statt Vorwürfe bekommen. Auf der anderen Seite kann eine negative Fehlerkultur einen großen Stressor darstellen, da es Druck ausübt nie Fehler zu machen was menschlich unmöglich ist und wenn Fehler passieren dies Auswirkungen auf die Selbstwirksamkeit der Person haben können. Weitere Punkte neben der Fehlerkultur, die Auswirkungen auf das psychische Wohlergehen am Arbeitsplatz haben sind:

  • die Gestaltung der Aufgaben: Abwechslungsreiche Aufgaben haben eine positive Auswirkung auf unser Wohlergehen, monotone negative
  • Arbeitspensum: ein angemessenes Arbeitspensum ist positiv für unser psychisches Wohlergehen, aber sowohl ein zu niedriges als auch ein zu hohes Arbeitspensum kann negative Folgen für unsere psychische Gesundheit haben
  • Freiheitsgrad: für unser psychisches Wohlbefinden ist es wichtig, dass wir Entscheidungen treffen können (dabei darf jedoch die Anzahl an Entscheidungsmöglichkeiten nicht zu hoch sein) und gewissen Freiheiten in unserer Arbeitsgestaltung haben.
  • Arbeitsklima: Lachen steckt an und eine positive Stimmung auch- ein positives und entspanntes Arbeitsklima hilft uns dabei mit Belastungen auf der Arbeit umzugehen und nicht zusätzlich durch z.B. Streit im Team belastet zu sein. Auch ist Humor ein wichtiger Bewältigungsmechanismus bei Stress und das Anregen von humorvollen Umgang mit Problemen kann sich positiv auswirken. Das Arbeitsklima wird durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst z.B. durch den Umgangston, Gesamtarbeitsbelastung im Team oder Büro, Fehlerkultur, Bürogestaltung.
  • Lob und Anerkennung: Wir können besser und länger mit Belastungen umgehen, wenn wir Lob und Anerkennung für unsere Arbeit bekommen. So kann Lob oder Anerkennung durch z.B. einen Bonus helfen Burnout zu vermeiden.
  • kollegialer Austausch: Geteiltes Leid ist halbes Leid – konstruktiver Austausch zu Belastungssituationen mit Kolleg:innen kann dabei helfen mit Belastungen umzugehen und zu sehen, dass man vielleicht nicht als einzige Person mit etwas ein Problem hat. Wichtig ist aber dabei das Negativität sich auch gegenseitig verstärken kann, wenn also jeder in einem Team parallel sehr stark belastet ist, kann es eher zu einer Negativ-Spirale und gegenseitigen Verstärkung negativer Gefühle und Ansichten kommen (siehe Arbeitsklima)
  • Ruhemöglichkeiten: Manchmal brauchen wir einfach ein paar Minuten für uns um mit Belastungen umgehen zu können, deswegen ist es wichtig sich auch einmal kurz zurückziehen zu können um Telefonanrufen oder Anfragen von Kolleg:innen aus dem Weg zu gehen. Pausenräume oder die Möglichkeit das Handy mal eine Stunde auf stumm zu schalten sind dafür wichtig. Noch wichtiger ist aber, dass Personen außerhalb ihrer Arbeitszeit nicht ständig von Arbeitsthemen angesprungen werden (also keine dienstlichen Anrufe auf privaten Nummern bekommen oder 24/7 für die Arbeit erreichbar sein sollen)
  • Leitbild und Werte der Firma: Wenn wir uns mit den Werten und dem Leitbild der Firma identifizieren können und diese auch im Arbeitsalltag umgesetzt werden hat das positive Auswirkungen. Wenn unsere Werte und die Werte unseres Arbeitsplatzes nicht zusammenpassen, kann dies aber Konflikte in uns auslösen z.B. wenn wir Gewaltfreiheit als wichtiges Gut sehen, jedoch für einen Waffenkonzern arbeiten. Diese inneren Konflikte wirken sich negativ auf unser psychisches Wohlbefinden aus.
  • Umgang mit Diversität: Wenn man zu einer Minderheit gehört ist man oft Mikroaggressionen oder Diskriminierung ausgesetzt, findet dies auch auf der Arbeit statt oder muss man befürchten, dass dies auf der Arbeit stattfindet. In einem diversitätsfeindlichem Arbeitsumfeld besteht die Gefahr, dass durch die Bekanntmachung der Zugehörigkeit zu einer Minderheit die psychische Gesundheit belastet wird. Ein offener und sicherer Arbeitsplatz hingegen kann sehr positive Auswirkungen auf unser psychisches Wohlbefinden haben.
  • Führungsstil: Jede:r kennt das Bild vom stereotypisch schlechten Chef, der seine Angestellten anschreit, das Unmögliche verlangt und ab Mittags auf dem Golfplatz ist. Führungskräfte und ihr Verhalten haben aber große Auswirkungen auf unser Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Auf der einen Seite bestimmen oder beeinflussen Sie viele der bisher genannten Punkte – auf der anderen Seite sind Führungskräfte auch Vorbilder z.B. wenn es um den Umgang von Work-Life-Balance geht.
 
 

Führungsstile und ihre Auswirkung auf psychische Gesundheit

Symbolbild für Führung. Hände umfassen Papierfiguren, die im Kreis stehen uns sich an den Händen halten.

Führungskräfte haben einen großen Einfluss darauf wie unser Arbeitstag aussieht. Oft bestimmen Sie die Randbedingungen unserer Arbeit und geben den Ton an wenn es um das Betriebsklima geht. Sie haben aber vor allem durch ihre Art zu führen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden. So zeigt sich in verschiedenen Studien, dass transformationale Führung starke positive Auswirkungen hat. Bei dieser Führungsart steht vor allem die Motivierung der Arbeitskräfte durch innere statt externe Motivation im Mittelpunkt. Dadurch soll eine hohe Selbstverpflichtung der Mitarbeitenden an die gemeinsamen Ziele der Firma erreicht werden. Der transformationale Führungsstil ist dabei erkennbar an

  • der attraktiven Vorbildfunktion der Führungskraft
  • Formulierung einer attraktiven Zukunftsvision, die den Mitarbeitenden Sinn gibt in dem was sie tun
  • Intellektueller Stimulierung u.a. durch kreatives Nachdenken über Probleme und der Möglichkeit Dinge zu hinterfragen
  • Individuelle Wertschätzung u.a. durch das Bieten von Weiterentwicklungsmöglichkeiten für die einzelnen Mitarbeitenden

 

Der Führungsstil scheint dabei vor allem als Ressource (durch Unterstützung, Empathie und persönliche Wertschätzung) und dem sich aus ihr ergebenen moralischen Verantwortungsgefühl von Führungskräften gegenüber den Mitarbeitenden positiv auf das psychische Wohlempfinden der Arbeitnehmer:innen auszuwirken. Dies zeigt sich durch geringere Stresswahrnehmung, erhöhte Arbeitszufriedenheit, weniger Burnout Symptomen und Angaben zu einem gesteigerten Wohlbefinden.

Ein weiterer Führungsstil der in verschieden Studien positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden gezeigt hat, ist der gesundheitsorientierte Führungsstil. Dieser Ansatz ist noch relativ neu und beinhaltet eine hohe Gesundheitsorientierung im Verhalten der Führungskräfte z.B. durch das Schaffen gesundheitsfördernder Arbeitsbedingungen, ein gesundheitsorientiertes Bewusstsein seitens der Führungskraft, als auch durch eine entsprechende Werteeinstellung (u.a. Verantwortungsgefühl für die physische und psychische Gesundheit der Mitarbeitenden). Dabei wirkt dieser Führungsstil sich nicht nur direkt positiv auf das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden aus, sondern auch indem er die gesundheitsorientierte Selbstführung der Mitarbeitenden fördert.

Auf der Kehrseite kann negative Führung, die z.B. durch autoritäres oder narzisstisches Verhalten entsteht sich stark negativ auf das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden auswirken.

 

Wie können Arbeitgeber:innen die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz fördern?

Symbolbild: Neues ausprobieren. Holzklötze bilden den Schriftzug Try - Error

Einen gesundheitsorientierten und transformationalen Führungsstil zu haben ist also gut für das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Was heißt das aber praktisch? Was kann man als Führungskraft tun?

Es gibt viele Wege und Maßnahmen um das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu fördern. Daher lohnt es sich, die eigene Führung zu reflektieren und zu schauen, ob man diese (oder weitere Punkte) in der Unternehmensführung beachtet:

  • Positive Fehlerkultur: statt einer Schimpftirade nach Fehlern, gemeinsames Erarbeiten von Lösungen und Möglichkeiten den Fehler in der Zukunft zu vermeiden, sowie Anerkennung, dass wir alle menschlich sind und alle den ein oder anderen Fehler machen.
    Strukturen zur Gesundheitsfürsorge (Betriebliches Gesundheitsmanagement, Betriebliches Eingliederungsmanagement): Um die psychische, aber auch physische Gesundheit zu schützen, ist es wichtig strukturiert zu überprüfen wo genau Gefahren liegen und diese dann anzugehen. Auch ist ist es wichtig Hilfsmöglichkeiten beim Wiedereinstieg nach längerer Krankheit anzubieten.
  • Angenehme Räumlichkeiten: Die wenigsten von uns sitzen gerne in einem kleinen dunklen Raum ohne Tageslicht, der am besten auch noch mit allem möglichen vollgestopft ist. Für eine gute Arbeitsatmosphäre und Produktivität ist ein Arbeitsplatz an dem sich die Leute wohlfühlen Grundvoraussetzung z.B. durch angenehme Beleuchtung, Büropflanzen, gute Stühle, Raum für individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, eine nette Wandfarbe etc.
    Raum für Teambuilding geben: Kolleg:innen sind ein wichtiger Teil unserer Arbeit und können eine gute Ressource darstellen. Dafür ist es aber wichtig, dass eine vertrauensvolle und positive Bindung im Team entsteht. Dabei können regelmäßige Austauschmöglichkeiten helfen, aber auch Teambuilding-Maßnahmen sind hier ein wichtiger Ansatzpunkt. Gemeinsam Aufgaben erfolgreich lösen und auch außerhalb es Büros Zeit zu verbringen kann ein Team unglaublich stärken.
  • Entstigmatisierung psychischer Störungen, Behinderungen und (chronischer) Erkrankungen vorleben. Für fast alle Erkrankungen gilt: je früher man sich Hilfe holt, desto besser sind die Heilungs- oder Behandlungschancen. Oft holen sich Personen aber keine Hilfe, weil sie Angst vor Stigmatisierung haben. Hier kann es sehr hilfreich sein, wenn im Arbeitsumfeld offen mit Themen wie psychischen Störungen oder auch körperlicher Erkrankungen umgegangen wird und statt mit Vorverurteilung mit Hilfen und Empathie reagiert wird. Dabei ist natürlich wichtig, dass jede:r das recht auf Privatsphäre hat und niemand seine Erkrankungen dem Arbeitgeber mitteilen muss.
  • Diversität fördern: Wer Diversität vor Ort sieht in einer Firma, die sich ehrlich gegen Diskriminierung und für Vielfalt einsetzt, fühlt sich sicherer und bereiter offen er oder sie selbst zu sein. Dies ist für das psychische Wohlbefinden wichtig. Dabei kann Diversität durch klares Durchgreifen bei Diskriminierung, aber auch offenen Zelebrieren von z.B. Pride oder dem Bereitstellen von Hilfsmitteln wie z.B. einem sensorisch niedrig gehaltenen Ruheraum gefördert werden.
  • Raum für Beschwerden geben: Niemand ist perfekt, wichtig ist es daher nicht nur bei Fehlern von Mitarbeitenden produktiv zu reagieren, sondern auch Kritik annehmen zu können und gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Dabei kann ein anonymes Beschwerdemanagement sehr hilfreich sein oder ein Betriebsrat, damit alle Mitarbeitenden das Gefühl haben ihre Kritik ohne negative Konsequenzen äußern zu können.
  • Raum für Mitbestimmung geben: Niemand lässt sich gerne alles vorschreiben. Oft fühlen wir uns Zielen und Aufgaben mehr verpflichtet, bei deren Erstellung wir mitgewirkt haben. Raum für die Mitgestaltung der Firma durch Projekttage, anonyme Abstimmungen oder eine Ideenbox können nicht nur die Arbeitszufriedenheit erhöhen, sondern auch die Loyalität zur Firma und die Leistungsmotivation.
  • Pausenmöglichkeiten: Wir können keine acht Stunden am Tag durchgehend konzentriert arbeiten. Gute Pausen tragen zu einem effektiven Arbeiten bei. Für effektive Pausen, müssen diese nicht nur als Teil des Arbeitsprozesses wahrgenommen werden (also keine bösen Blicke, wenn jemand mal 5 Minuten die Augen schließt und Musik hört), sondern am besten auch noch eine angenehme Umgebung wie ein Pausenraum (am Besten mit gemütlichen Sitzoptionen und der Möglichkeit Kaffee, Tee etc. zu machen) bereitgestellt werden und wer es noch ein Stückchen weitertreiben will – der Zugang zu Snacks kann die Stimmung auch ordentlich heben und Energie geben für die Aufgaben, die nach der Pause kommen.
  • Realistisches Arbeitspensum: Jeder kennt den Frust, wenn die To-Do-Liste nicht kleiner wird trotz Akkordarbeit. Man kann eine ansonsten fast perfekte Arbeitsumgebung haben, jede Snackbar der Welt bringt es nicht, wenn das Arbeitspensum auf Dauer nicht schaffbar ist. Daher ist es wichtig als Führungskraft immer ein Auge darauf zu haben, dass niemand in Arbeit untergeht und dass es nach einer Zeit mit höherem Arbeitspensum, auch wieder eine Zeit des entspannteren Arbeitens gibt.
  • Unterstützen von Work-Life-Balance: Nicht nur Pausen während der Arbeit sind wichtig, sondern vor allem die Pause zwischen den Arbeitstagen. Diese Zeit muss neben der Möglichkeit lebensnotwendige Dinge zu tun wie zu schlafen auch Raum für Entspannung, Erledigen des Haushaltes und Hobbys bieten, damit wir auf Dauer psychisch gesund bleiben. Um dies als Firma zu gewährleisten, ist es nicht nur wichtig ein machbares Arbeitspensum zu geben, sondern es sollten am Besten Regeln und Systeme geben, die regelmäßige Überstunden hindern (z.B. durch Überstundenanträge mit direkter Planung des “Abfeierns” der Überstunden) , klaren Regeln niemand außerhalb seiner oder ihrer Arbeitszeit anzurufen/zu simsen/ emailen, guten Vertretungsregeln für Bereiche wo es zeitdringende Aufgaben gibt, etc. .

 

Was kann ich tun um meine psychische Gesundheit bei starker Arbeitsbelastung zu schützen?

 

Leider haben die wenigsten von uns direkten Einfluss auf das Führungsverhalten ihrer Arbeitger:in oder die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit. Trotzdem kann man auch als Arbeitnehmer:in einiges machen, um die eigene psychische Gesundheit zu schützen bzw. zu fördern. Grundlegen dafür ist ein selbst reflektiertes Wahrnehmen eigener Grundbelastungen und der eigenen Belastungsgrenzen. Hier für kann es sich lohnen sich mit folgenden Fragen auseinander zusetzten:

  • Welche durchgehenden Verpflichtungen habe ich außerhalb der Arbeit? (Bspw. pflege ich ein Familienmitglied, studiere ich nebenbei, habe ich Kinder, bin aktiv in einem Verein, führe ich einen eigenen Haushalt)
  • Schaffe ich gewöhnlich meine To-Do Listen für den Tag/die Woche oder bleibt immer etwas unerledigt?
    Kann ich meine Freizeit genießen oder denke ich nur über meine To-Do Liste nach?
  • Gehe ich abends rechtzeitig ins Bett oder bleibe ich zu lange wach, weil ich das Gefühl habe sonst etwas zu verpassen oder nicht alles zu schaffen?
  • Kann ich meine mir gesetzten Aufgaben überhaupt zeitlich schaffen? (Hier ist es wichtig realistische Essens, Ruhe- und Schlafzeiten einzurechnen d.h.. mindestens acht Stunden Schlaf, mind. zwei Stunden Essen und Essensvorbereitung, mind. zwei Stunden Pausen und Ruhezeiten)
  • Habe ich in einer normalen Arbeitswoche noch genug Energie meinen Haushalt zu machen und für Freizeitaktivitäten?
  • Woran merke ich, wenn ich kurz davor bin meine Belastungsgrenzen zu überschreiten? (kommt es z.B. zu unregelmäßigen Essen, Schlafstörungen oder schlechter Laune?)
  • Wie viel schaffe ich an einem Tag mit perfekten Voraussetzungen (guten Schlaf, genug gegessen, gesundheitlich fit) und wie viel schaffe ich dagegen an einem Tag mit schlechten Voraussetzungen (wenig Schlaf, schlechte Laune, vergessen etwas zu essen)? Und wie plane ich meinen Tag?, Eher an den perfekten oder den schlechten Tag angepasst?

 

Die ersten Fragen dienen dazu, die eigenen Grundbelastungen festzustellen. Oft vergessen wir nämlich wie viel auf uns lastet und wundern uns dann vielleicht warum wir keine Zeit und Energie für Freizeitaktivitäten haben. Haushaltsführung, das Kümmern um eine oder mehrere andere Personen, die eigene Weiterbildung oder das aktive Mitgestalten der Gesellschaft durch Vereins-, Parteiarbeit, oder andere Arbeit ist nämlich nichts was neben bei läuft, auch wenn wir oft das Gefühl haben, dass die Gesellschaft dies von uns verlangt. Hier ist es auch wichtig zu prüfen ob wir überhaupt realistisch all das schaffen können, was wir uns an Aufgaben stellen. Und im Notfall sich zu überlegen wie man die eigenen Grundbelastungen herunterfährt. Denn unsere Grundbelastungen sollten ein ganzes Stück unter unserer Belastungsgrenze liegen, damit wir genug Kapazität haben mit Problemen, Schwierigkeiten und anderen ungeplanten Belastungen eine Weile umzugehen.

Die letzten Fragen hingegen dienen dazu über die eigenen Belastungsgrenzen nachzudenken und sich zu sensibilisieren, wenn man kurz davor ist diese zu erreichen. Die letzte Frage dient dabei vor allem dem Bewusstmachen, dass unsere Belastungsgrenze auch von Tag zu Tag unterschiedlich sein kann. Dabei sollte man seinen Tag am Besten so planen, dass er eher zwischen dem perfekten Tag und dem schlechten Tag (hiermit ist nicht der schlechtmöglichst vorstellbare Tag z.B. Tod eines geliebten Menschen, sondern ein Tag wo viel schiefgeht z.B. zu wenig Schlaf, Bahn hat Verspätung und man leichtes Kopfweh hat gedacht) liegt mit Tendenz zum Tag mit schlechten Voraussetzungen. Denn wenn wir uns Belastungen/Aufgaben so legen als hätten wir jeden Tag einen perfekten Tag, werden wir uns sehr leicht überlasten, da die wenigsten Menschen fast jeden Tag einen perfekten Tag haben.

Manchmal ist es aber gar nicht so einfach die eigenen Belastungen und Belastungsgrenzen festzustellen oder man schafft es zwar, sie festzustellen, aber hat Probleme dabei die eigene Grundbelastung zu verringern, obwohl es nötig wäre, da diese zu hoch ist. In solchen Fällen kann es eine Überlegung wert sein sich professionelle Hilfe in Form von Coaching oder Beratung zu holen.

Wenn man dann ein ganz gutes Bild von den eigenen Belastungen und der eigenen Belastungsgrenze (und der Flexibilität dieser) hat, kann man sich die Belastungen im Arbeitsumfeld anschauen und mit diesem Wissen im Hintergrund Grenzen ziehen gegenüber Vorgesetzten und Kolleg:innen z.B. keine extra Schichten zu machen, wenn man parallel Klausurenphase hat, weil man nebenbei noch studiert oder auf das “Abfeiern” der Überstunden bestehen, wenn man den Freizeitausgleich braucht oder Nein dazu sagen, anderen Aufgaben abzunehmen, wenn man selbst eigentlich schon viel zu tun hat. Für diese Grenzsetzung ist es ebenfalls wichtig eine gute Übersicht über den eigenen Aufgabenbereich auf der Arbeit zu haben. Dies hilft nicht nur dem:der Chefin gegenüber Grenzen zu ziehen, sondern auch sich selbst gegenüber: Denn auch sich selbst Grenzen aufzeigen, wenn es um Arbeitsbelastung geht ist wichtig. Dabei geht es neben dem Gefühl zu wissen was man alles machen muss und keine bösen Überraschungen zu erleben, vor allem um eine klare Trennung von Arbeit und Privatleben. Diese ist essentiell für unsere psychische Gesundheit, denn wenn wir auch außerhalb unserer Arbeitszeit ständig an die Arbeit denken und uns mit ihr beschäftigen kann dies auf Dauer zu Burnout oder anderen psychischen Problemen führen. Daher:

  • Diensthandy ausschalten im Feierabend
  • klare Grenzen gegenüber dem Arbeiter oder der Arbeitgeberin, sowie Kolleg:innen ziehen nicht außerhalb der Arbeitszeit kontaktiert zu werden
  • im Urlaub keine Mails etc. checken
  • am Besten die Arbeitsunterlagen aus dem Blickfeld räumen, nach der Arbeitszeit (aus den Augen aus dem Sinn)
  • sich Übergangszeit zwischen Arbeit und Freizeit zum runterkommen nehmen
  • Rituale um Arbeitszeit und Freizeit klar zu trennen z.B. Klamottenwechseln, nach der Arbeit duschen, Raumwechsel etc.

 

Mehr zum Thema Detachement, im Zusammenhang mit Burnout ist dies die Distanzierung von der Arbeit außerhalb der Arbeitszeit und dem Thema Burnout finden Sie in unserem Artikel zu “Burnout”.

Neben dem klaren Grenzenziehen zwischen Arbeit und Freizeit, sowie gegenüber dem:der Chef:in und Kolleg:innen wenn es um die Arbeitsbelastung geht, ist es außerdem wichtig außerhalb der Arbeitszeit Energie zu generieren z.B. durch Freizeitaktivitäten wie Sport, Theater, Musik. Denn um wirklich einen positiven Effekt durch unsere Freizeit auf unsere psychische Gesundheit zu erleben, ist es wichtig, dass diese aus einer Mischung aus entspannenden Tätigkeiten (Faulenzen, Serie schauen etc.) und sinnstiftenden bzw. aktivierenden Tätigkeiten besteht. Wenn wir das Gefühl haben keine Energie für Dinge, die uns Spaß machen zu haben, sondern unser Alltag aus Arbeiten, dumpfen fernsehen, schlafen und der Wiederholung dieser Tätigkeiten besteht, wirkt sich das negativ auf unser psychisches Wohlbefinden aus und oft auch auf unsere Wahrnehmung der Arbeit und unsere Arbeitseinstellung aus.

Auch das Ausbauen eigener Bewältigungsmechanismen z.B. den humorvollen Umgang mit Problemen oder das positive Umdeuten von Situationen kann helfen auf Dauer die eigene Belastungsfähigkeit zu steigern. Hierfür kann ebenfalls Coaching eine sinnvolle Hilfe sein, aber auch das bewusste Auseinandersetzten wie man mit Stress umgeht und was man besser machen kann im eigenen Umgang mit Stress (z.B. sich bewusst Zeit nehmen gesund zu essen, wenn man unter Stress normalerweise vergisst zu essen) kann hier einen großen Unterschied machen.

Neben unserer allgemeinen psychischen Verfassung und unseren uns zur Verfügung stehenden Bewältigunsgmechanismen hat unsere körperliche Verfassung einen Einfluss auf unsere Belastungsfähigkeit. So kennt es wahrscheinlich jeder, dass bei leichtem Kopfweh oder bei leerem Magen alles gleich irgendwie stressiger oder anstrengender ist. Deswegen ist es wichtig auch auf die eigene Körperliche Gesundheit während der Arbeitszeit zu achten u.a. Zeit für Mittagspause mit ordentlicher Mahlzeit und genug trinken über den Tag oder bei Büroarbeit regelmäßige Pausen zum Aufstehen und Strecken um Fehlhaltungen vorzubeugen.

Insgesamt gilt, dass für ein gutes psychisches Wohlbefinden Pausen und Entlastung durch Austausch eine große Rolle spielen. Deswegen lohnt es sich auch an stressigen Tagen Kaffeepausen zu machen und sich vielleicht in der Küche auch noch kurz zu unterhalten. Wer dazu neigt stundenlang ohne Pause durchzuarbeiten, kann sich hier auch Wecker stellen, die erinnern Pausen zu machen. Und wer Wecker gerne ignoriert kann sogar Computer-Programme nutzen, die einen zu Pausen zwingen, in dem sie nach einer gewissen aktiven Arbeitszeit am Computer diesen für 5 Minuten sperren (natürlich mit Vorwarnung, damit man auf speichern klicken kann). Wer sich mit Mittagspausen schwer tut, kann Mittagsessens Verabredungen mit Kolleg:innen ausmachen. Dies kann zudem gleich noch die Entlastungsmöglichkeit des Austausches fördern.

Natürlich gibt es noch viele andere kleine Dinge, die man tun kann um die eigene psychische Gesundheit zu fördern. Auch weil man natürlich nicht nur das psychische Wohlbefinden in einem Bereich fördert durch diese Maßnahmen und sobald man auf der Arbeit ist alle Vorteile und Förderungen nichtig werden. So führt eine Förderung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz zu einer allgemein erhöhten psychischen Gesundheit und wenn wir außerhalb der Arbeit an unserer psychischen Gesundheit arbeiten, sind wir auch auf der Arbeit belastbarer.

 

 

Quellen

Überschrift: Quellen Im Hintergrund ein geöffnetes Buch

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